
Mein Name ist Nils Bosshammer. Zusammen mit meiner wunderbaren Frau, zwei ebenso wunderbaren Kindern, zwei Border Collies und drei Katzen lebe ich auf einem alten Bauernhof im wunderschönen Herberath und liebe neben all dem auch mein für rheinische Verhältnisse sehr seltenes Hobby: das Dudelsackspielen.
Schon im Teenager-Alter, war ich fasziniert von Schottland – der Landschaft, den Menschen, der Kultur und natürlich auch dem schottischen Dudelsack. Als ich das erste Mal Mitte der 90er Jahre einen Piper (wie wir Dudelsackspieler uns selbst nennen) live in den Highlands sah, war es, als wenn jemand einen tief in mir schlummernden Traum hervorgeholt hätte. Mir war klar: „Dieses Instrument möchte ich auch spielen!“
Aus diesem Urlaub brachte ich dann voller Stolz eine Bagpipe (engl. für Dudelsack) mit nach Deutschland. Das war, wie ich es viele Jahre später dann erst verstand, ein „Pakistani“. „Pakistani“ nennen wir Piper die Dudelsäcke, die in Pakistan günstig und in Masse produziert werden, um sie dann den nichtwissenden Touristen zu verkaufen. Mit Musikinstrument hat das wenig zu tun. Naja… nach vielen hartnäckigen Versuchen habe ich ihn dann doch ans Laufen bekommen. Schön klingen tat er trotz größter Ambitionen jedoch nicht. Und letztlich fehlte mir auch immer noch ein Lehrer oder zumindest ein Lehrbuch.
Dann bekam ich irgendwann das Buch „MacEges Lehrbuch für den schottischen Dudelsack“ und einen Practice Chanter (die Übungsflöte für den Dudelsack) in die Finger. Das waren die Anfänge, auf die man damals ohne Internet sehr stolz sein konnte. So richtig vorwärts kam ich aber immer noch nicht. Zu groß waren die Zweifel „Ist das eigentlich alles so richtig, wie ich das machen?“ oder „Die Piper in den Highlands hören sich irgendwie ganz anders an?“. Dann kam sowieso ein etwas größeres Renovierungsprojekt dazwischen und das Projekt Dudelsack wurde erst einmal nach hinten gestellt.

Wieder vollends neu entfacht wurden meine Ambitionen schließlich auf meiner Hochzeit. Meine Eltern schenkten uns und unseren Gästen einen Auftritt der Rhine Area Pipes and Drums. Noch schöner als der Auftritt der Band, bei der ich heute noch spiele, war nun der Kontakt zu „echten Spielern“. Experimentierte ich bis dato ja eher unwissend alleine herum, so lernte ich hier meinen ersten Lehrer und „Meister“ Markus Morgenstern kennen. Ihm bin ich auch heute noch sehr dankbar für die vielen Stunden, die wertvollen Tipps und das geteilte Wissen. Und: Ich war nun endlich in der Community angekommen.
Ich übte jeden Tag, war jede Woche bei der Probe der Rhine Area Pipes and Drums dabei und besuchte auch Workshops, wie die Pipingschool auf Burg Breuberg. Hier begegnete ich Andreas Hambsch, bei dem ich weiteren Unterricht nahm. Er ist seit Jahrzehnten einer der besten Dudelsackspieler in Deutschland und hat seine Leidenschaft auch zum Beruf gemacht: Deutschlands erster (und eigentlich auch einziger) professioneller Dudelsacklehrer! Andy gibt Einzel- und Gruppen-Unterricht, organisiert Workshops, ist Autor des meistverkauften Lehrbuchs für Dudelsack, hilft Pipe-Bands dabei sich zu verbessern, hat eine DVD-Serie zum Thema Dudelsack rausgebracht, macht Lehrvideos und hat eine weltweit einzigartige Dudelsack-Lern-App für Smartphones entwickelt. Für das alles möchte ich an dieser Stelle einmal danke sagen! Nicht nur für mich, sondern für Andys gesamte Arbeit, mit der er die gesamte deutsche Dudelsackszene bereichert und vergrößert hat! Danke, lieber Andy für Deine Arbeit und Dein Engagement der www.dudelsackschule.de.

Andy Hambsch und ich bei unserer Pipingschool auf der Ebernburg
Zurück zu den Piping-Workshops… Ich erinnere mich noch an meine erste Woche im Odenwald auf Burg Breuberg, wo wir alle den großen Pipern – Lehrern aber auch Teilnehmern der Top-Class – und ihrem Spiel begeistert zuhören durften. So gekonnt das Instrument aus den schottischen Highlands beherrschen zu können – das war mein Traum!
Die Beschreibung des Weges dorthin ist ganz einfach und gilt für jeden, der sich anstrengt, eine Sache möglichst gut können zu wollen: Üben, üben, üben! Genau dieser Übungs-Disziplin, der vielen harten Arbeit und vor allem auch der begleitenden Hilfe meiner Pipe-Lehrer über die letzten Jahrzehnte habe ich es zu verdanken, dass ich heute dort bin, wo ich bin. Daher nochmal ein Dank an alle, die mich dabei begleitet haben: Markus Morgenstern, Andy Hambsch, Angus MacColl, Willie McCallum, Bruce Hitchings, Rory Grossart und Donald MacPhee.

Willie McCallum, ich, mein Freund und Pipe Major Markus Servos und Angus MacColl bei der Pipingschool auf Schloss Weikersheim
In meiner Laufbahn als Bagpiper kann ich mittlerweile auch auf einige erste Plätze bei Solo-Competitions (den Wettbewerben für Dudelsackspieler) zurückblicken. Ich spiele Lightmusic – das sind Märsche, Tanzlieder und MSR-Sets mit verschiedenen Taktarten – aber auch die klassische Dudelsackmusik, den Piobaireachd oder wie es heißt die große Musik Ceol Mhor. Das sind sehr lange und komplexe Lieder, die bei den meisten Ohren eher keinen Anklang finden. Tatsächlich war das aber genau die Musik, wegen der ich damals angefangen habe, Dudelsack zu spielen. Ein einsamer Piper, der in den Highlands ein Lament über die Landschaft vorträgt, das entsprach meiner Vorstellung.
Apropos… auch in Schottland habe ich schon auf Highland Games gespielt und mich dort mit den ganz großen Pipern gemessen. Auch darauf bin ich sehr stolz, selbst wenn es dort nicht für einen Pokal gereicht hat – der olympische Gedanke zählt und es überhaupt so weit geschafft zu haben. Wenn man mich fragt, was ganz besondere Momente meiner Karriere als Dudelsackspieler waren, so würde ich die Highland Games in Tobermory auf der Isle of Mull dazu zählen. Bei meinem Engagement als Auftrittspiper und mit den Rhine Area Pipes and Drums zusammen waren sicherlich die Events mit Roland Kaiser ein unglaubliches Erlebnis. Ebenfalls denke ich sehr gerne an das Marienburg Tattoo zurück, wo ich der Lone Piper beim großen Finale sein durfte.
Doch auch wenn ich schon vor großem Publikum gespielt habe… Die Auftritte in kleinerem Rahmen wie bei einem Geburtstag oder einer Hochzeit, bedeuten mir eigentlich noch mehr. Wenn ich sehe, wie sehr sich die Menschen über meine Musik freuen und vor Rührung Tränen in den Augen haben, bin ich immer sehr bewegt und zähle diese Momente zweifelsohne zu den Besonderen in meinem Leben als Piper.

Zum Abschluss noch ein paar Worte zu meiner Tätigkeit als Dudelsacklehrer. Irgendwann stand dann mal der erste bei mir vor der Tür und fragte, ob ich ihm auch Unterricht geben könnte. Das war mein heutiger Pipe Major Markus Servos, der auch jetzt noch sehr erfolgreich unsere Band, die Rhine Area Pipes and Drums, leitet. Daraus hat nicht nur Markus etwas gelernt, sondern auch ich: Es macht mir sehr viel Spaß, Menschen dabei zu helfen, den schottischen Dudelsack zu erlernen und mein Wissen weiterzuvermitteln. Vielleicht gerade weil mein Weg sehr steinig, schwierig und umkämpft war, freue ich mich, zukünftigen Pipern ein helfender Mentor zu sein.
So begann ich zunächst Interessierte für unsere Band auszubilden. Dann bot ich viele Jahre bei der VHS Düsseldorf einen Dudelsackkurs für Anfänger und Fortgeschrittene an. Mittlerweile führt diesen Kurs ein Schüler von mir, Dirk Feser, weiter fort. Aus Zeitgründen war es für mich nicht mehr möglich, denn mein Engagement in der Aus- und Weiterbildung der zukünftigen Generation von Pipern ist enorm gewachsen. Als einer der wenigen Lehrer in Deutschland unterrichte ich Dudelsackspieler jeden Levels zuhause oder online, einzeln oder in der Gruppe. Die Dudelsackschule.de und das Instrument aus dem schottischen Hochland erfreuen sich zunehmender Beliebtheit und die Gemeinde der Piper in Deutschland wächst weiter. Es freut mich sehr, dazu einen Teil beitragen zu dürfen! Ebenso sehr freue ich mich über die drei Workshops, die ich jedes Jahr zusammen mit Andy Hambsch organisiere. Piper aus ganz Europa kommen nach Schloss Weikersheim, der Ebernburg und auf die Musikinsel Rheinau, um bei den besten Lehrern der Welt Unterricht zu genießen.

Die Lehrer von unserer Pipingschool auf Schloss Weikersheim (v.l.): Angus MacColl, Bruce Hitchings, Willie McCallum, Fabian Renz, Daniel Schütz, Thomas Lorenzen, ich, Andy Hambsch, Susy Klinger, Helga Lormes und Benedikt Groh.

Ein Bild aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer vom Pipingworkshop Weikersheim
So schließt sich dann der Kreis.
Denke ich an meinen ersten Dudelsackworkshop zurück bin ich dankbar und glücklich, über den zurückgelegten Weg. Dankbar, es auf das Niveau gebracht zu haben, auf dem ich heute spiele. Und glücklich darüber mit meiner Erfahrung anderen Begeisterten beim Erlernen des schottischen Dudelsacks zu helfen.